Künstliche Kniegelenke mit «Velys-Roboter»

In den vergangenen Dekaden wurden grosse Fortschritte im Design und in der Materialisierung von Knie-Kunstgelenken erzielt. So konnten z.B. die Abrieb-Eigenschaften durch qualitativ hochwertigere Kunstoff-Einsätze wesentlich verbessert werden. Der geringere Verschleiss dieser «Inlays» führt zu einer längeren Lebensdauer der Kunstgelenke und somit auch zu geringeren Raten an Revisions-Operationen. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da das Durchschnittsalter von Knieprothesen-Patienten in den letzten Jahren gesunken ist und die Kunstgelenke bei steigender Lebenserwartung und höherem Aktivitätsniveau der Patienten immer länger halten müssen.

Während der letzten Jahre zielten die Anstrengungen vermehrt darauf ab, die Kunstgelenke möglichst exakt und «fehlerfrei» einzubauen. Besonders wichtig dabei ist  eine gute «Weichteil-Balancierung». Das heisst, die Spannung des Innen- und Aussenbandes sollte ausgeglichen sein. Zudem darf die Prothese nicht zu straff und auch nicht zu locker eingebaut werden. Auch ist die korrekte Ausrichtung der Komponenten entscheidend. Ein Nicht-Beachten dieser vielen Faktoren endet leider nicht selten in einem suboptimalen Gelenkspiel mit Instabilität, Steifigkeit, Schmerzen oder vorzeitigem Verschleiss.

Noch immer haben die konventionellen Implantations-Techniken einen grossen Stellenwert. Vermehrt werden heutzutage aber auch modernere Methoden angewendet, z.B. mittels Computer-Navigationen, patientenspezifischen Schnittblöcken, Virtual-Reality-Brillen oder Roboter-Systemen.

Mit dem Velys-Roboter-System ist vor kurzem ein sehr ausgereiftes neuartiges System auf den Markt gekommen, welches gegenüber anderen Techniken viele Vorteile hat: Zur Planung der Prothesen-Ausrichtung braucht keine teure und aufwendige Schnittbildgebung (also weder MRI, noch CT) durchgeführt zu werden. Ebenso entfällt die oft mehrwöchige Herstellungszeit für individualisierte Schablonen.

Mittels Velys-System werden zu Beginn der Operation zwei Antennen am Bein fixiert, anschliessend die knöchernen Landmarken via Infrarot-Kamera eingelesen. Der «Ist-Zustand» des Gelenkes wird so erfasst, namentlich die Beinachse, die Bandstabilität, der Bewegungsumfang und die Grösse des Gelenks.

Anschliessend werden die Kunstgelenk-Komponenten virtuell auf einem Monitor optimal positioniert, so dass die Beinachse begradigt und die Bandspannung ausgeglichen ist. Diese Simulation des «Soll-Zustandes» mit möglichst idealer Komponentenlage und perfektem Gelenkspiel noch VOR Durchführung der Sägeschnitte ist ein enormer Fortschritt und einzigartig gegenüber anderen Techniken!

Die Umsetzung des Plans erfolgt über einen Roboter-Arm, welcher mittels oszillierendem Sägeblatt Präzisionsschritte durchführen kann.

Der Roboter-Arm wird dabei während der gesamten Operation vom Operateur geführt und aktiviert. Auch der Schutz der Weichteile obliegt in der Verantwortung des Operateurs. Es handelt sich also nicht um ein autonom agierendes Roboter-System. Es ist vielmehr ein hilfreiches Tool, einen ermittelten Plan Millimeter-genau in die Tat umzusetzen.

Nach Durchführung der verschiedenen Schnitte am Unter- und Oberschenkel wird das Gelenkspiel mittels Probe-Prothesenkomponenten abschliessend überprüft und die definitiven Bestandteile einzementiert.

Die Daten der endgültigen Komponenlage werden digital erfasst und gespeichert. Das Erfassen des «End-Zustand» ist ein ebenfalls wichtiger neuer Meilenstein in der Knie-Prothetik - insbesondere auch aus Gründen der Qualitätssicherung.

Noch ist es zu früh zu sagen, ob diese neuartige Technologie zu einer messbaren Verbesserung der Knie-Endoprothetik führen wird.  Die frühen subjektiven und objektiven Erfahrungen sind aber äusserst motivierend und vielversprechend. Wir sind sehr dankbar, unseren Patienten diese neue überzeugende Technologie anbieten zu können.